Die Bedeutung von Torf für den Whisky

Vereinfacht dargestellt, gibt es zwei Arten von schottischem Whisky: getorften und ungetorften! Sie wenden sich an eine jeweils eigene Zielgruppe von Liebhabern, die meist mit der „anderen Seite“ nicht viel anfangen können. Andererseits tragen diese Unterschiede sehr zur Vielfalt von Scotch Whisky bei, deswegen hier einige kurze Ausführungen zum Thema „Torf“.

In Schottland finden sich allenthalben weitläufige Torfvorkommen von zum Teil über 1 m Dicke. Dabei handelt es sich um pflanzliche Sedimente, die jedes Jahr um etwa 1 mm anwachsen – eine Torfschicht von 1 m Dicke hat für ihre Entwicklung demnach etwa 1.000 Jahre gebraucht. Besonders auf der zu den Inneren Hebriden gehörenden Insel Islay ist Torf praktisch überall zu finden: Gut 70% der Inseloberfläche sind mit Torf bedeckt!

Da Torf in Schottland also fast allgegenwärtig ist, wurde er schon früh als Energielieferant an der Stelle der teuren Kohle verwendet. Torf liefert nämlich, wenn er erst einmal getrocknet wurde, ein kräftiges Feuer mit starker Hitze, verbrennt allerdings sehr schnell. Kein Wunder, dass der Torf schon seit Jahrhunderten in den Whisky-Destillerien Schottlands verwendet wurde, um die aus den so genannten floor maltings kommende gemälzte Gerste zu trocknen und somit lagerfähig zu machen.

Dies erfolgt in dem so genannten „kiln“, der im Prinzip nichts anderes ist als ein großer Trocknungsofen – in Schottland eigene Gebäude, die mit ihren charakteristischen Pagodendächern die Landschaft prägen. Im Oberteil dieser Kilns wird die gemälzte Gerste, die einen Feuchtigkeitsgehalt von etwa 43 % aufweist, auf einem engmaschigen Gitter ausgebreitet. Ein darunter entzündetes Feuer sorgt durch die aufsteigende Wärme dafür, dass das Gerstenmalz im Verlauf von ungefähr 30 Stunden den größten Teil seiner Feuchtigkeit verliert: Nach dem Ende dieser Trocknung liegt die Restfeuchte des Malzes bei nur noch ungefähr 4,5 % und es kann ohne Schimmelgefahr aufbewahrt werden, bevor es in der Schrotmühle für die Destillation zerkleinert wird.

Heute verfügen in Schottland nur noch wenige Whisky-Brennereien über eine eigene Mälzerei, alle anderen Destillerien beziehen ihr fertiges Malz von eigenständigen Mälzereien. Die meisten Mälzereien verwenden heute Kohlenfeuer oder Ölheizungen für die Trocknung, Torf wird meist nur noch für eine gewisse Zeit als Brennstoff beigegeben, um dem fertigen Malz einen von der jeweiligen Brennerei genau definierten Phenolgehalt zu verleihen. Die Islay-Destillerie Laphroaig, die noch über eine eigene Mälzerei verfügt, verwendet etwa 18 Stunden lang Torf als Brennstoff.

Der Phenolgehalt wird in ppm (parts per million) gemessen, wobei es sich um einen komplizierten „Cocktail“ von verschiedenen chemischen Substanzen und Phenol-Derivaten handelt, darunter zum Beispiel Guajacol und Syringol. Die genaue Zusammensetzung hängt von den Eigenschaften des Torfs ab, die wiederum durch dessen Anteile von Moosen, Riedgräsern, Heidekraut, abgestorbenen Baumwurzeln etc. bestimmt werden. Entsprechend ist Torf nicht gleich Torf: Da die Zusammensetzung der Flora von Ort zu Ort unterschiedlich ist, verfügt auch der Torf über jeweils spezielle Eigenschaften, die sich über den Rauch der gemälzten Gerste mitteilen, so Eingang in den späteren Whisky finden und ihn zu einer einzigartigen Spirituose machen, die so nur an diesem Ort hergestellt werden kann.

Insgesamt gibt eine kräftige Torfung dem Whisky ein so intensives Aroma, dass selbst in Blended Whisky der Torfgehalt auffällt, auch wenn von vielleicht 20 Grundwhiskys nur ein einziger aus der „Torf-Fraktion“ stammt! Während speziell in der Speyside eine Torfung, wenn überhaupt, nur sehr zurückhaltend vorgenommen wird, zeichnen sich die meisten Insel-Whiskys durch ihr kräftiges Raucharoma und den intensiv „medizinischen“ Geschmack aus, den sie in der Hauptsache der Torfung verdanken. Spitzenreiter sind die Destillerien an der Südküste von Islay, LagavulinLaphroaig und besonders Ardbeg, in den letzten Jahren auch spezielle Octomore Abfüllungen von Bruichladdich im Westen von Islay, die für ihre extrem getorften Whiskys bekannt sind.