Wie jeder in einer Familie, im Betrieb oder im Leben seine Aufgabe(n) erfüllt, erfüllt auch jedes Botanical einen Zweck für das stimmige Endprodukt Gin. Ob klassischer, würziger, zitruslastiger, meditierraner, exotischer oder floraler Gin - viele der grundlegenden Zutaten tauchen immer wieder auf. Diese Übersicht soll Ihnen einen Einblick in die Herkunft, den Geschmack und die Funktion einiger der wichtigsten Botanicals geben.

Wacholder

Juniperus communis

Das Botanical, auf das in keinem Gin verzichtet werden kann. Beheimatet ist der Wacholder in Europa, Asien und Nordamerika. Die Hauptanbaugebiete befinden sich in südlichen Gefilden wie der Toskana und Mazedonien. Aber auch aus dem skandinavischen Norden können die Zapfen, wie die Wacholderbeeren botanisch korrekt genannt werden, bezogen werden. Wie bei Weintrauben wirken sich Terroir & Jahrgang auf das Aroma. Hersteller müssen Qualität und Charakter immer im Blick haben, um einen gleichbleibenden Standard gewährleisten zu können. Wacholder muss etwa drei Jahre reifen, bevor er geerntet werden kann. Das grundlegende Aroma von Wacholder erinnert an einen duftenden Kiefernwald – etwas bitter und herb bleibt er in Erinnerung. Hinzu kommen Assoziationen von Zitrus, Lavendel, Heidekraut und Harz.

Koriander

Coriandrum sativum

Er kommt beinahe ebenso selbstverständlich in jeden Gin wie Wacholder. Häufig wird er aus Marokko oder Indien bezogen und bringt weitere Zitrusaromen mit sich. Auch eine ingwerähnliche Schärfe scheint hier durch. Mit seinen erdigen Noten harmoniert er wundervoll mit Wacholder und fügt dem Aroma eine Kopfstimme hinzu – die Partners in Crime eines (fast) jeden Gins.

Engelwurz

Angelika archangelica

Sie ist eine Verwandte der Möhre und wird gewerblich in Sachsen und Flandern angebaut: die Angelika. Für Gin wird hauptsächlich die getrocknete Wurzel der Pflanze genutzt. Das Aroma trifft genau die Erwartungen, die man an eine Wurzel stellen würde: trockener Mischwald, Staub, Erde, Holz. Das klingt erstmal wenig aufregend, erfüllt aber als Basisnote den Zweck, aromatischere Botanicals auszubalancieren und zu unterstützen. Ein erdiger Fels in der Brandung sozusagen, der Bombenentschärfer im Gin oder einfach die ruhige Seele, die alles zusammenhält – Angelika. Mit etwas Geduld zeigt sie außerdem auch feine Krautnoten, Kiefer und etwas Süße.

Veilchenwurz

Iris pallida/Iris germanica

Es ist die Wurzel der Schwertlilie, die auch weit oben auf der Botanical-Top-Liste steht. Die Pflanzen werden vor allem in der Toskana, Marokko, China und Indien kultiviert. Bis zu drei Jahre trocknen sie, bevor daraus ein Pulver gemahlen wird. Die Rolle des Veilchenwurzelöls liegt darin, andere Aromen zu fixieren, zu verstärken, fast schon einzufangen. Ähnlich dem Engelwurz bringt sie dank ihrer chemischen Eigenschaften aus dem stillen Hintergrund andere Botanicals an die Spitze. Geduldige Genießern wird sie allerdings auch ihre Seite mit süßen Heu- und trockenen Erdaromen zeigen.

Zitruspflanzen

Citrus

Wieso nur Wacholder und Koriander nehmen, wenn man sich dazu an intensiven Zitrusaromen aus erster Hand bedienen kann? Zumeist werden von Zitrusfrüchten die Schalen verwendet. Sie bringen den belebenden Sonnenschein ins Glas.
Zitrone schenkt intensive, saubere Töne, die schnell abrufbar sind, aber auch schnell wieder verschwinden. Bitterorange sorgt mit intensiver und leicht bitterer Note für aufweckende Rauheit. Orange bringt süße Frische und verflüchtigt sich nur langsam. Noch frischer und angenehm süß wird es mit Grapefruit. Bergamotte kann mit kräftiger süß-saurer Note und leicht-floralem Einschlag punkten. Yuzu bringt es intensiv duftend auf den Punkt.

Süßholz

Glycerrhiza glabra

Wie Veilchenwurz wird auch von Süßholz hauptsächlich das Pulver verwendet. Hauptsächlich findet man sie in Südostasien. Auch Süßholz mischt sich unter die Hintergrundakteure. Etwa 50-mal so süß wie Saccharose (Zucker) verleiht dieses Botanical dem Gin Süße und Textur und ist ein willkommener Ausgleich für trockenere Botanicals.

Gewürzrinde

Cinnamomum aromaticum

Apropos trockene Botanicals. Die Borke des China-Zimtbaumes wird vorwiegend aus Vietnam, China und Madagaskar bezogen und bringt Würze mit einer kraftvollen, etwas trockenen Schärfe in den Gin. Der verwandte Ceylon-Zimtbaum strahlt eher mit Wärme und Süße aus und ist etwas leichter herauszuschmecken. Beide unterstützen hervorragend florale Noten.

Kardamom

Elettaria cardamomum

Grundsätzlich stammt Kardamom aus Indien – doch auch innerhalb des Landes gibt es aromatische Unterschiede des Gewürzes. Die hierzulande bekanntere Variante bringt wärmende, aromatische Töne mit sich, die zusätzlich einen blumigen und leichten Zitruseinschlag aufweist. Eine andere Art sorgt für eukalyptus- und mentholähnliche Anklänge. Beide sind nebenher auch wundervoll fürs „Betriebsklima“ – sie verbinden und unterstützen andere Zutaten.

Kubebenpfeffer

Piper cubeba

Dieses Botanical bringt Pfiff. Der Allrounder aus Java bringt nicht nur pfeffrige Schärfe mit, sondern hat noch viel mehr Aromen zu bieten. Von einer ausgeprägten floralen Note über einen angenehmen Zitruseinschlag bis hin zu Anklängen von Kiefer. Letzteres macht ihn zum perfekten Begleiter für den ebenfalls kieferbetonten Wacholder. Kubebenpfeffer fügt sich wunderbar ein, ohne langweilig zu sein. Ein erfreulicher Zeitgenossse - vor allem im Gin.

Anis

Pimpinella anisum

Gewonnen wird Anis aus Lakritze. Witzigerweise hat die Pflanze weniger vom typischen Lakritzegeschmack als Anis, Sternanis oder gar Fenchel. Schuld an diesem Geschmack ist der Inhaltsstoff Anethol. Anis bringt Schwung in die Kiste oder besser gesagt: Er schenkt so manchem Gin seinen besonderen Touch. Im Vergleich zu Anis bringt Fenchel eine zitronige Obernote mit, während Sternanis eher wärmere Töne anschlägt.

Mandel

Prunus dulcis

Es gibt zwei Versionen der Mandel, die gern von Gin-Brennern verwendet werden. Häufiger als die Süßmandel mit ihren weichen Honignoten wird die Bittermandel verwendet - mit ihrem klarem Marzipaneinschlag, feiner Nussigkeit und einer Nuance von Süßkirsche. Sie steckt in mehr Gins als man denkt und veredelt dezent aus dem Hintergrund.