Mezcal

Noch nichts von diesem Agavenbrand aus Mexiko gehört? Wahrscheinlich hatten sie ihn aber schon in Form von Tequila im Glas. Doch neben dieser Variante des Mezcal bietet das mexikanische Nationalgetränk eine erstaunliche Vielfalt an süßen wie erdig-rauchigen Aromen. Entdecken Sie das ganze Temperament von Mexiko.

Mezcal Hintergrund

Bei dem Wort "Tequila" verziehen die Leute entweder das Gesicht oder strahlen über beide Ohren, weil sie wissen, dass nun die Party richtig losgeht. Egal zu welcher Sorte Sie gehören: einem guten Mezcal sollten Sie eine Chance geben. Auch wenn jeder Tequila ein Mezcal ist, ist doch nicht jeder Mezcal ein Tequila. Ganz im Gegenteil. Während Tequila zumeist im großen wirtschaftlichen Stil hergestellt wird, hat sich Mezcal über die Jahrhunderte größtenteils seinen ursprünglichen Charakter bewahrt. "Mezcal" ist ein Wort aus der Sprache der Azteken und steht für "gekochte Agave". Nichts anderes verbirgt sich dahinter. Es handelt sich um eine Spirituose, die aus Agaven hergestellt wird. Anders als beim Tequila, für den lediglich die blaue Weberagave als Rohstoff dienen darf, können für Mezcal sämtliche Agavensorten verwendet werden - ob wild gewachsen oder gezüchtet. Allerdings eignen sich aufgrund ihrer Beschaffenheit nur etwa 50 Sorten von insgesamt etwa 200 existierenden. Der original-mexikanische Tropfen glänzt besonders beim Blick auf die Produktion mit Traditionsbewusstsein und Ideenreichtum. Und dabei ist nicht die Rede vom "Wurm" in der Flasche. Dieses Klischee wird dem Mezcal nicht gerecht. Ob es als Werbegag angefangen hat, als Zeichen eines ausreichenden Alkoholgehaltes oder als potenzsteigerndes Mittelchen verstanden wird: Das Gerücht, dass es Mezcal nur mit Raupe gibt, hält sich vehement. Auch wenn die in einigen Flaschen auffindbaren Schmetterlingsraupen tatsächlich eine mexikanische Delikatesse sind, haben sie doch mit der Spirituose nichts zu tun. Natürlich steht es jedem frei, den vermeintlich-traditionellen Mezcal mit "Wurm" zu probieren. Sollten sich bei Ihnen bei dem Gedanken allerdings die Fußnägel nach oben biegen, brauchen Sie Mezcal nicht verteufeln. Bei qualitativ hochwertigen Tropfen werden Sie keine Raupe in der Flasche finden.

Stil

Wie schmeckt Mezcal? Mezcal ist nahezu unendlich vielseitig. Die Verwendung verschiedenster Agavenarten, die lokalen Gegebenheiten, die unterschiedlichsten genutzten Brennapparaturen sowie schließlich die variierende Lagerdauer sorgen für großen Facettenreichtum. Aufgrund des herkömmlichen Dünstvorgangs der Agavenherzen wird der Charakter von Mezcal üblicherweise von rauchigen und erdigen Noten bestimmt. Hinzu kommen Karamell und fruchtige Süße, sowie oft harzige Noten. Weitere Geschmackskomponenten hängen von unterschiedlichsten Faktoren, wie der Agavenart, dem Ort der Herstellung und den Produktionsschritten, ab.

Herstellung

Wie wird Mezcal hergestellt? Zunächst sollten Sie wissen, dass nicht jeder Mezcal auf die gleiche Weise produziert wird. Je nach Art des Agavenbrands weicht die Herstellungsweise mal mehr und mal weniger voneinander ab. 

Seit 2013 existieren Vorschriften, die es Verbrauchern leichter machen sollen, sich in der Welt der Mezcals zu orientieren. Seit 2017 sind diese nun in Kraft getreten. Ob sie in dieser Form allerdings endgültig sein werden, bleibt abzuwarten. Momentan gibt es noch Meinungsverschiedenheiten über die erlassenen Vorgaben. Erst seit den 1990er Jahren beschäftigt man sich offenkundig mit potenziellen Kriterien, anhand derer sich die Stile von Mezcal unterscheiden lassen. 1994 wurde das erste diesbezügliche Gesetz erlassen, welches auch die geschützte Herkunftsbezeichnung beinhaltete. In diversen Änderungen und Neuerungen der Gesetze wurden zwar bereits viele Einwände der Hersteller berücksichtigt, allerdings sind längst noch nicht alle Details geklärt. 

Momentan werden drei Arten unterschieden: Mezcal, Mezcal Artesanal und Mezcal Ancestral. Dabei wird Letzterer im ganz ursprünglichen Produktionsverfahren gefertigt, das auch heute noch zumeist von Kleinbauern angewendet wird. Diese Art lässt nur geringe Produktionsmengen zu und wird kaum exportiert. Der Mezcal Artesanal ist ein solider Mittelweg zwischen dem industriell geprägten Mezcal und dem streng traditionellen Mezcal Ancestral. Die gesetzlichen Vorgaben sind etwas lockerer, erhalten aber weitestgehend den herkömmlichen Charakter der Spirituose. Bei der Herstellung von "einfachem" Mezcal gibt es wiederum viele Freiheiten und es kann sein, dass vom urtümlichen Wesen des mexikanischen Lieblings nicht mehr viel übrig ist. Hier liegt das Augenmerk auf der größtmöglichen Effizienz.

Ernte

Als notwendiger Rohstoff braucht es Agaven. Beim Mezcal ist es, anders als bei Tequila, nicht vorgeschrieben, welche Agavenarten verwendet werden dürfen. Am häufigsten wird jedoch die Agave angustifolia verwendet - die Urform der für den Tequila verwendeten Agave tequilana. Diese werden angebaut und müssen zunächst 6 bis 10 Jahre wachsen, bevor sie schließlich das erste und gleichzeitig letzte Mal blühen. Erst anschließend werden die Herzen der Agave geerntet. Dafür werden die Blätter abgeschlagen, die für die weitere Verarbeitung keine Rolle spielen. Übrig bleibt ein großer ovaler Pflanzenkern, der optisch sehr einer Ananas ähnelt. Deshalb wird dieses Agavenherz auch als "piña" (spanisch für "Ananas") bezeichnet.

Dünsten

Nach der Ernte findet der Koch- bzw. Dünstvorgang dieser Piñas statt. Traditionell werden für diesen Prozess Bodengruben ausgehoben, in denen Holz verbrannt wird, während darüber Steine platziert werden, die sich erhitzen. Sobald das Holz darunter verbrannt ist und die Steine glühen, wird eine Schicht feuchter Pflanzenteile darauf verteilt, die die Agavenherzen vor dem Anbrennen schützen sollen. Erst dann werden die Piñas ringsherum darauf verteilt, sodass in der Grube ein Hügel entsteht. Dieser wird anschließend mit trockenen Pflanzenteilen und Sand abgedeckt. Dort verweilen die Herzen für etwa 3 bis 5 Tage. Dieser aufwendige Prozess bewirkt die Umwandlung der enthaltenen Kohlenhydrate in Zucker, der für die weitere Verarbeitung wichtig ist. Diese Art des Kochens ist allerdings nur noch für den ursprünglichen Mezcal Ancestral vorgeschrieben, während beim Mezcal Artesanal auch überirdische Öfen und beim industriell ausgelegten Mezcal sogar Autoklaven (Behältnisse, die mit hohem Druck Hitze erzeugen) zum Einsatz kommen dürfen. Für den "einfachen" Mezcal kann das zur Folge haben, dass die typische Rauchnote teilweise oder vollkommen wegfällt. Anschließend an den Dünstvorgang wird das dadurch aufgeweichte Fruchtfleisch in kleinere Stücke geteilt, die zu einem fasrigen Brei zermahlen werden. Dies geschieht - je nach Stil - mithilfe von Macheten, traditionellen Mühlen oder industriellen Maschinen. 

Fermentierung

Zur Fermentierung werden herkömmlich keine gezüchteten Hefestämme verwendet. Der fasrige Brei wird in unverschlossene Gefäße der Wahl, aus Holz, Stein, Erde, Lehm oder Tierhaut, gefüllt. Dort findet die Fermentierung statt, die von natürlichen Hefestämmen herbeigeführt wird. Temperatur, Größe des Fasses, Luftfeuchte sowie Agavenart entscheiden über die Dauer dieses Prozesses. Zwischen einer und zwei Wochen sind eingeplant. Diese Richtlinien gelten allerdings nur für den Mezcal Ancestral und Mezcal Artesanal. Beim Mezcal sind lediglich Holz-, Beton- oder Edelstahltanks zugelassen, die dem ganzen Prozess ein wenig traditionelles Antlitz verleihen. Für ihn ist auch nicht geklärt, dass ein natürlicher Hefestamm verwendet werden muss. Nach abgeschlossener Fermentation liegt der Alkoholgehalt der Maische etwa bei 5 Vol.-%. Nun ist sie bereit, destilliert zu werden. 

Destillation

Genau wie die Behälter zur Fermentierung können auch die Destillationsapparate sehr unterschiedlich aussehen. Während für den Mezcal Ancestral ausschließlich die ursprünglichen Brennblasen aus Lehm verwendet werden dürfen, können beim Mezcal Artesanal auch kupferne Brennblasen genutzt werden. Dabei ist es wichtig, dass der Brennvorgang über offenem Feuer stattfindet und die Fruchtfasern währenddessen noch immer in der Flüssigkeit bleiben. Ein kontinuierlicher Brennvorgang ist mit diesen Instrumenten nicht möglich. Anders bei der industriellen Variante: Hier ist die für den Mezcal normalerweise untypische kontinuierliche Destillation erlaubt. Durch diese Verarbeitung kann der übliche zweite Destillationsdurchlauf eingespart werden, allerdings können so Aromen verloren gehen. Welcher Herstellungsart man auch folgt, am Ende steht ein Mezcal mit einem Alkoholgehalt von etwa 45 Vol.-% bis 55 Vol.-%.

Reifung/Abfüllung

Für die Reifezeit gibt es ähnliche Kategorien wie beim Tequila. Drei Altersstufen lassen sich unterscheiden. Rein traditionell ist es eher unüblich, den Mezcal reifen zu lassen. Beim Mezcal Joven wird die Spirituose normalerweise direkt nach der Destillation in Flaschen abgefüllt oder zwischenzeitlich kurzfristig in Glasbehältern gelagert, die keinen Einfluss auf den Geschmack nehmen. Dabei behält der Mezcal sein ursprüngliches klares Aussehen. Mindestens 2 Monate muss die mexikanische Spirituose reifen, um sich den Namen Mezcal Reposado zu verdienen. Dafür werden Behältnisse aus Stein- oder Weißeiche verwendet. Durch den Einfluss des Holzes bekommt der Mezcal einen zart-karamellenen Farbton. Reift ein Mezcal länger als ein Jahr, wird er als Mezcal Añejo bezeichnet. Auch hier dürfen nur Stein- und Weißeiche zur Lagerung genutzt werden. In einem Jahr (oder länger) hat die Spirituose genug Zeit, sich einen dunkleren Bernsteinton anzueignen, der einen Añejo sofort enttarnt. Je länger die Reifezeit in den Holzfässern andauert, desto mehr Einfluss hat die Eiche auf den Charakter des Mezcals. Vor allem die Rauchigkeit klingt durch die Fasslagerung etwas ab und macht den Tropfen milder.

Mezcal im Test

Doch wie findet man unter der Vielzahl an Mezcals nun den "Richtigen"? Wie immer ist das Geschmackssache. Allerdings geben wir gerne Tipps, damit Sie mit Ihrer Wahl nicht komplett danebenliegen. Zumächst ist es empfehlenswert sich nach der Sorte zu richten. Ein Mezcal Ancestral ist selten, aber spiegelt die Authentizität von traditionellem Mezcal wider. Damit können den Ursprung der temperamentvollen Spirituose entdecken, müssen aber auch bereit dazu sein, etwas mehr Geld in die Hand zu nehmen. Deutlich häufiger und in der Herstellung meist ähnlich traditionell ist der Mezcal Artesanal. Hier sind nur geringfügigere Abweichung der herkömmlichen Produktionstechniken zugelassen, sodass Sie eine ähnlich ausgeprägte Geschmacksvielfalt erwartet. Für den puren Genuss eignen sich beide Varianten sehr gut. Getrunken wird Mezcal wie ein guter Whisky, am besten pur und ohne Eis, aus einem Glas, der den Agavenbrand atmen lässt. Dafür eignen sich Nosing- oder Cognac-Gläser. Sie sollten sich allerdings der Rauchigkeit bewusst sein, die Sie erwartet. Durch das Dünstverfahren bekommen die Agavenherzen eine Menge Qualm ab, der sich mal mehr, mal weniger im Endprodukt zeigt. Der "einfache" Mezcal kann (muss aber nicht) dagegen deutlich weniger rauchig sein, da hierfür auch industrielle Autoklaven zum Einsatz kommen können, um die Piñas zu kochen. Allerdings finden Sie in dieser Kategorie die besten Preise. Damit ist dieser Tropfen hervorragend für Mixgetränke und Partys geeignet. Hier kann man sich ausprobieren. Das gilt übrigens auch für die Agavensorten. Einen pauschelen Tipp dafür zu geben ist sehr schwierig. Am häufigsten verwendet wird die Agave angustifolia bzw. Espadín. Geschmacklich ist sie den Erzeugnissen aus der blauen Agave (also auch Tequila) recht ähnlich, sodass Sie damit den Einstieg in die Welt des Mezcals wagen könnten. Anbieten würde sich hier beispielsweise der La Herencia de Sánchez Espadín Joven Mezcal Artesanal oder der Casamigos Espadín Joven Mezcal Artesanal. Wenn Sie allerdings aromatische Herausforderungen suchen, die ihrem Gaumen noch nicht so geläufig sind, können Sie sich auch mal durch die vielseitige Produktpalette von Rey Campero probieren. Dort werden die unterschiedlichsten Agavenarten genutzt. Ergründen Sie doch zum Beispiel den Geschmack des ungestümen Rey Campero Tepextate Joven Mezcal Artesanal oder probieren Sie den lieblicheren Rey Campero Cuishe Joven Mezcal Artesanal. Für Experimentierfreudige bietet Mezcal eine Bandbreite an Möglichkeiten.

Geschichte

Die Agave war als Rohstoff bei indianischen Völkern schon immer sehr beliebt. Sie wurde zur Herstellung von Kleidung, Werkzeugen und vielen weiteren nützlichen Utensilien verwendet. Auch beim Kochen kam die Agave zum Einsatz. Für alkoholische Getränke wurde sie bereits vor dem Beginn europäischer Einflüsse genutzt. Pulque war so etwas wie Agavenwein. Er entstand aus vergorenem Agavensaft. Als schließlich die Spanier nach Amerika kamen, brachten sie Kenntnisse über die Destillation mit. Da die verfügbaren Rohstoffe die gleichen blieben, fing man an, Agavenbrand herzustellen - in kleinbäuerlichem Stil und mithilfe kreativer Techniken und Hilfsmittel. Das aufwendige Kochen der Agaven, die Destillation in Gefäßen aus Ton mit Rohren aus Schilf oder Bambus sowie andere clevere Konstruktionen aus natürlichen Materialien sind Überbleibsel aus einer vergangenen Zeit. In Mexiko finden sie auch heute noch Verwendung, während sie in Europa eher als rückschrittig betrachtet werden würden. Aber auch sonst wurden die Riten rund um den Mezcal größtenteils erhalten und von vielen Generationen fortgeführt. In den unterschiedlichen Regionen entwickelten sich mit der Zeit viele verschiedene Mezcal-Charaktere. Während die Herstellung ursprünglich allerdings eher von Gefühl und Leidenschaft bestimmt wurde, existierten seit 1994 Richtlinien dafür. Spätestens seit 2005 durfte kein Mezcal mehr gehandelt werden, der sich nicht nachgewiesenermaßen an die Normen hielt. Damit einher gingen Vorgaben zu verwendeten Rohstoffen, zur Herstellung und Etikettierung sowie eine geschützte Herkunftsbezeichnung. Die Bundesstaaten, in denen der Agavenbrand produziert werden darf, sind Oaxaca, Puebla, San Luis Potosí, Tamaulipas, Zacatecas, Durango, Guerrero, Guanajuato und Michoacán. Die Vorschriften stießen bei den Produzenten allerdings auf viel Kritik, da den kulturellen Hintergründen und lokalen Unterschieden zu wenig Rechnung getragen wurde. Aus diesem Grund wurden 2013 neue Kriterien eingeführt, welche die Diversität von Mezcal mit einbeziehen und dem Verbraucher dennoch einen besseren Überblick ermöglichen. Das Mezcal Regulatory Council ist mit der Überprüfung der Herstellung beauftragt. Damit soll ein gleichbleibender Standard für die mexikanische Spirituose gesichert werden. Auch wenn die meisten Produzenten mit den neuen Vorgaben zufriedenstellen ließen, werden sie von einigen kritischen Stimmen noch immer als unzureichend gesehen. So richtig endgültig scheint die Debatte somit noch nicht ad acta gelegt worden zu sein. Aber - Diskussionen hin oder her - eines dieser mexikanischen Erzeugnisse zu probieren, werden Sie sicher nicht bereuen.